12.10.2008 | 23:26 | Korrekturen und Ergänzungen

Prokrastination und Angst

Diese Stelle stand in der letztes Jahr beim Verlag eingereichten Leseprobe zum Buch. Bis wir dann zum Schreiben des eigentlichen Buchs kamen, hatten wir beide die Existenz der Leseprobe vergessen. Tja.

"Aus Jane Burkas und Lenora M. Yuens Bestseller 'Procrastination' erfährt der Leser, dass Aufschiebeverhalten weder eine schlechte Gewohnheit noch moralisches Versagen darstellt. Aber das ist noch lange kein Grund, sich beruhigt zurückzulehnen, denn stattdessen handelt es sich um 'ein komplexes psychologisches Problem, das auf Angst beruht' sowie natürlich – beide Autorinnen sind Psychologinnen – um die Folgen traumatischer Kindheitserlebnisse. Das ist einerseits nicht völlig falsch, denn Aufschieben hat zweifellos manchmal mit Angst zu tun. Aber ist es verwerflich, vor einem hungrigen Löwen im gleichen Käfig Angst zu haben? Und wäre eine Bedienungsanleitung für den Löwen eine sinnvolle Änderung des Zustands?"

11.10.2008 | 20:39 | Presse und Medien

Erste Rezensionen

Olaf Kolbrück macht bei off-the-record.de aus unserer Platznot netterweise eine Tugend: "Gottlob tappen sie dabei nicht in die Falle, ihr Wissen auch noch mit etlichen Fußnoten zu untermauern. Wahrscheinlich, weil sie die Quelle ohnehin verbaselt haben und auf 'wissenschaftliche Weise erratene' Zahlen genauso brauchbar sind wie lange Statistikreihen." Verbaselt stimmt zum Glück fast gar nicht; die meisten Quellen stehen hier.

Saskia Weneit von zoomer.de findet: "Dafür verdienen die Autoren den Universal-Nobelpreis."

Harald Berenfänger schreibt: "Als direkte Folge aus der Lektüre resultierte übrigens, dass ich heute noch vor dem Lesen der letzten Seite meinen 18 Monate lang sorgsam gehegten Ablagestapel wegsortiert und einen Zentner Altakten entsorgt habe ..." Dito Kathrin Ganz bei i heart digital life: "Bei mir hatte die Lektüre dieser Schrift gegen die Selbstdiziplin einen ganz interessanten, paradoxen Effekt: Ohne jede äußere Notwendigkeit bin ich die ganze Woche über in den frühen Morgenstunden aufgestanden." Moment! So haben wir das nicht gemeint!

Jacob Fricke bemängelt: "Mit über 300 Seiten ist es erstaunlich umfangreich, jedoch erscheinen die einzelnen Kapitel etwas zufällig ohne tiefergehende Systematik aneinander gereiht." Von zufällig kann keine Rede sein, wir haben die Kapitel tagelang hin und her geschoben. Wer konnte denn außerdem ahnen, dass tatsächlich jemand das Buch in der Reihenfolge der Seitenzahlen lesen würde? (Unser Vorschlag, alle Seitenzahlen durcheinanderzuwürfeln, wurde schon sehr früh vom Verlag abgelehnt. Technische Gründe vermutlich.)

Daniel Ehniss fasst serviceorientiert gleich das ganze Buch zusammen.

Außerdem: Adele bei Biblio Blog. "orm" bei Glam. Jacek Slaskis Interview in der Berliner Zeitung. Die Spreeblick-Rezension hat immerhin schon einen guten Titel. Im österreichischen "Standard" müsste eigentlich ein Interview erschienen sein. Und irgendwas stand wohl auch in brand eins. Man müsste das Heft mal kaufen.

11.10.2008 | 18:04 | Berichte und Beispiele

Der "Tur Tur"-Effekt

Dieses Zitat unserer Co-Lektorin Angela Leinen hat es leider nicht mehr ins Buch geschafft:

"Ich bin die webweit bekannte Erfinderin des 'Tur Tur'-Effektes: Die Arbeit ist ein Scheinriese, die immer kleiner wird, je näher man rangeht. Hilft in der Praxis leider immer erst hinterher: Wenn ich die Arbeit dann doch gemacht habe, natürlich zwischen 23 Uhr und 23.59 Uhr (Umschalten des Nachtbriefkastens am Gericht), war sie auf einmal ganz easy und in einem Zug zu erledigen. 'Aus Erfahrung lernen' oder 'Schaden macht klug' wird überbewertet. Ich gehe der Arbeit immer so lang aus dem Weg, bis sie kurz vorm Explodieren ist. Manchmal explodiert sie wirklich, dann brauche ich nur noch den Staub wegzufegen – führt dazu, dass ich nichts mehr dran verdiene, aber wenigstens ist der Druck weg.

Natürlich hat dieses ängstliche Liegenlassen einen guten Grund: Die Sachen arbeiten sich ganz unbemerkt in irgendeiner wenig störenden Region des Gehirns von alleine und machen sich höchstens in Kopfschmerz und schlechtem Gewissen bemerkbar. Mit Kopfschmerz und schlechtem Gewissen kann man aber noch gut schönere Sachen erledigen, zum Beispiel das Geld, das man später verdienen wird, schon mal ausgeben. Wenn dann der Nachtbriefkasten-Zeitpunkt gekommen ist, leert sich der kleine Arbeitsspeicher auf einmal von selbst aus, das Ergebnis ist immer besser, als wenn ich den Kram unter Qualen sofort gemacht hätte. Das weiß ich, ohne es je ausprobiert zu haben.

Meine Anwaltstätigkeit führe ich aber immerhin nach dem Grundsatz: Nie eine Frist verlängern lassen. Oder doch nur, wenn es gar nicht anders geht. Oder wenigstens nur einmal verlängern lassen.

Die meisten Probleme lösen sich ohnehin durch Abwarten. Oder doch alle. Das heißt dann Tod."

10.10.2008 | 17:07 | Tipps und Tools

Dinge regeln lassen

"Ein Stapel Probleme, der einen vorwurfsvoll anstarrt, meint das meistens gar nicht persönlich: Die Probleme wollen einfach nur von irgendjemandem gelöst werden. Es reicht auch, jemand anderen damit zu beauftragen. Zu jeder Aufgabe, mit der man sich herumquält, existiert jemand, dem genau diese Tätigkeit Spaß macht oder der zumindest viel weniger unter ihr leidet. Es gibt Menschen, die – unter bestimmten Bedingungen – gern putzen, aufräumen, Ordnungssysteme ausdenken, Termine vereinbaren und Papiere in Aktenordner sortieren. Man muss sie nur ausfindig machen und dann dazu bewegen, einem diese Arbeiten abzunehmen. Dazu hat man im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Geld und Tauschgeschäfte."
(Kapitel "Jetzt helfe ich mir nicht mehr selbst")

In den USA scheint es etwas leichter zu sein, Dienstleister für die Geld-Variante zu finden. In Deutschland kann man danach lange suchen. Es sei denn, man lebt in Berlin, wo es Freerke de Buhr gibt. Neulich rief sie mich von sich aus an und fragte, ob sie nicht langsam mal meine unsortierte Zettelsammlung für die Steuer aufbereiten sollte. Wer also in Berlin lebt und sein Leben in Ordnung bringen lassen möchte: freerke.de_buhr@web.de, 030 / 440 411 97 oder 0179 / 46 222 12. (Für Münchner können wir eventuell auch was einfädeln.) Tipp: Ein paar Stunden Lebeninordnungsbringung eignen sich auch gut als Geschenk insbesondere für Menschen, die schon alles haben, und zwar so viel davon, dass die Tür kaum mehr aufgeht.

09.10.2008 | 23:38 | Blog und Buch

Das richtige Buch zur falschen Zeit?

Vorhin rief Matthias Matussek an und fragte, ob "Dinge geregelt kriegen" das richtige Buch zur falschen Zeit sei. Ich wusste erst nicht, was er meinte, aber er hatte mich auch aus dem Tiefschlaf gerissen. Es ging, wenn ich ihn richtig verstanden habe, um die Wirtschaftskrise und darum, dass die im Buch propagierte Faulheit nur in guten Zeiten funktioniere. Falls es außer Matussek noch jemand wissen will:

1. Wir singen gar nicht das Loblied der Faulheit. Siehe auch Kritik-Hilfestellung.

2. In schlechten Zeiten braucht man sogar noch weniger Selbstdisziplin als in guten. Wenn kein Geld auf dem Konto ist, fällt es auch Verpeilten relativ leicht, zügig Rechnungen zu schreiben oder womöglich endlich mal ihren Lohnsteuerjahresausgleich für die letzten Jahre in Gang zu bringen. Geldmangel ist ähnlich wie eine unverrückbare Deadline ein praktisches Motivationsinstrument. Wer von außen zu etwas genötigt wird, spart wertvolle Selbstaufraffungskräfte.

3. Aktionismus scheint der Wirtschaft auch nicht direkt zu helfen. (Im Buch steht übrigens explizit, dass man die Finger von seinen Geldanlagen lassen und nicht täglich drin herumrühren sollte. "10 Dinge, die man ohne schlechtes Gewissen unterlassen kann", Seite 110.)

Mir ist so, als gäbe es noch ein viertes Argument, aber das trage ich dann vielleicht nach.

09.10.2008 | 15:23 | Berichte und Beispiele

Linksammlung

Ein Beispiel dafür, dass Prokrastination oft eher eine Frage der Umstände als der Persönlichkeit ist: Conquering Procrastination von Jan Jasper.

Jemand sagt so ungefähr dasselbe wie wir, nur viel kürzer: Your Chance to Learn Helpful Info About Procrastination.

Über Perfektionsfantasien und das Akzeptieren des Unperfekten: Procrastination and Perfectionism von John Perry.

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