26.10.2008 | 12:51 | Tipps und Tools

Outsourcing via Amazon Mechanical Turk

Joël Adami weist mich auf dieses Tutorial hin: Audiodateien via Amazon Mechanical Turk transkribieren lassen (auf Englisch) (also der Link; das Transkribieren funktioniert vermutlich auch auf Deutsch). Amazon Mechanical Turk ist eine praktische Einrichtung, bei der man online kleine, klar umrissene Aufgaben an Heerscharen anonymer "Turker" vergeben kann, quasi Heimarbeit 2.0. Auch die Kommentare zum Tutorial sind lesenswert, denn da geht es überwiegend um die Frage, ob es Ausbeutung oder ok ist, für solche Tätigkeiten $8 pro Stunde zu bezahlen.

Ich schiebe zufällig seit Tagen die Transkription eines relativ unangenehmen Interviews vor mir her, kann die Arbeit aber auch nicht aus dem Haus geben, weil ich nicht will, dass irgendjemand außer mir dieses Interview hört. Eventuell muss ich noch mal im eigenen Buch die Stellen nachlesen, die sich mit dem Thema "Das Haupthindernis beim Outsourcing ist immer erst mal die Scham" befassen.

25.10.2008 | 19:49 | Presse und Medien

Rezensionen III

Schönes Blog: "Der Ratgeber von Passig und Lobo geht die Sache anders an. Er akzeptiert die Welt als eine nicht perfekte und wirbt für die Möglichkeit, sich trotzdem so in ihr einzurichten, dass man glücklich wird – ein allgemein unterschätzter, aber gleichzeitig außerordentlich guter Anspruch."

Ein Fernsehbeitrag bei Polylux, über den ich nichts sagen kann, weil ich ihn sicherheitshalber erst in zehn Jahren ansehen werde. Der zweite Fernsehbeitrag dieser Woche (bei 3sat Kulturzeit) scheint nicht online zu sein.

Roland lobt bei saubereingeschenkt: "... ein Buch, das längst überfällig war, und wie eine Bombe in das Feld der Zeitmanagement-Ratgeber einschlagen wird" und kritisiert nur die Existenz des Ritalinkapitels. Wenn's sonst nichts ist.

Ghost Dog schreibt in Die Straßen von Berlin: "Ich hätte ein ganz anderes Buch erwartet, aber das, was ich stattdessen lesen darf, öffnet mir so sehr die Augen, dass ich meiner ganzen Familie, die mir (vielleicht, unter Umständen, hinter vorgehaltener Hand, hin und wieder) etwas Faulheit, fehlende Zielstrebigkeit oder ähnliches vorwerfen könnten, zu Weihnachten dieses Buch schenken werde." Yes! Das sind uns die liebsten Leser.

Außerdem: ralkorama ("Und die Autoren selbst zeigen, wie man zippzapp eine schöne Webseite dazu bauen kann ...", haha, das muss ich Martin "Kontinentaldrift" Baaske zeigen.) Ein Interview von Saskia Weneit und Sylvia Vogt im Tagesspiegel. Und noch ein Interview, diesmal als Podcast von Wolfgang Tischer.

24.10.2008 | 19:43 | Berichte und Beispiele

Ein anonymer Bericht

Auf der Rowohlt-Buchmessenparty habe ich die Gelegenheit zur Feldforschung genutzt und zwei Gespräche über Prokrastinatorisches aufgenommen. Hier das erste, ein Bericht einer anonymen Zeitungsmitarbeiterin:

NN: "Ich habe ein ganz massives Aufschiebeproblem, ich schiebe sogar auf, wenn die letzte Mahnung kommt, Zwangszahlungsandrohung und so weiter. Auf meinem Schreibtisch stapelten sich immer unglaubliche Dokumentenberge. Ich habe dann beschlossen, eine Sekretärin zu engagieren. Ich bin jetzt keineswegs eine Großverdienerin, ich verdiene eher wenig, aber ich habe gedacht, wenn ich das Problem vom Hals habe, dann ist mir das das Geld wert. Dann habe ich eine Anzeige gesehen in der Zeitung, da hieß es '58-Jährige, sehr zuverlässig, sucht Nebenbeschäftigung'. Ich habe die angerufen und gesagt: 'Ich hätte da vielleicht was für Sie, es ist aber nichts Seriöses, es ist auch schwarz', und so weiter. Dann hab ich ihr sofort ganz offen mein Problem geschildert, und sie hat gesagt: 'Ok, ich guck mir das mal an.' Jetzt sitzt sie so bei mir am Schreibtisch und sagt immer: 'Frau N., da hat das Finanzamt Ihnen aber 300 Euro zu viel abgezogen, da müssen wir hinschreiben.' Dann gibt sie mir die Sachen zur Unterschrift, ich unterschreib das dann, dann schickt sie das ab. Ich bin total erleichtert, weil das wirklich ein Riesenproblem war über Jahre, das ich dadurch jetzt gelöst habe."
KP: "Und die sitzt dann bei dir zu Hause und macht das, während du da bist?"
NN: "Ja, zum Teil. Zum Teil ist es so, dass ich dann zum Beispiel Kontoauszüge holen gehe, was ich auch besser kann, wenn sie da ist, dann heften wir die zusammen ab. Aber es ist auch oft einfach so, dass ich in der Küche bin oder im Nebenzimmer und sie dann da die Sachen macht und mich nur unterschreiben lässt."
KP: "Wie oft kommt die dann so?"
NN: "Nach Bedarf. Die ersten Male kam sie halt, um den Riesenberg abzuarbeiten, das hat ein paar Tage gedauert. Und jetzt habe ich sie grade gebeten, mal wieder zu kommen, weil sich wieder was angesammelt hat."
KP: "Und was kostet das?"
NN: "Also ich habe ihr 15 Euro angeboten, und sie hat sofort Ja gesagt. Weil ich einfach das Gefühl hatte, dass es so eine Scheißarbeit ist, und ich hatte auch ein schlechtes Gewissen. Ich habe gedacht: Wenn ich sie anständig bezahle, dann fühl ich mich gut und sie fühlt sich gut. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, sie so eine Arbeit machen zu lassen, aber ihr macht das Spaß. Das ist wirklich wunderbar."

Im zweiten Interview wird es darum gehen, wie man eine Tendenz zur Spielsucht unter Kontrolle behält, und zwar ohne einen Funken Selbstdisziplin.

22.10.2008 | 12:53 | Tipps und Tools

Unwohltätige Organisationen

Einer der wenigen praktischen Ratschläge, die wir zur Bewältigung von Deadlineproblemen finden konnten, stammt aus "Schluss mit dem ewigen Aufschieben" von Werner Rückert und lautet: "Geben Sie einen Geldbetrag, dessen Verlust Sie schmerzen würde, an eine Person, der Sie vertrauen, und machen Sie mit ihr einen Vertrag. Schreiben Sie genau auf, welches Ergebnis Sie bis zu welchem Zeitpunkt in einer genau überprüfbaren konkreten Form dieser Person Ihres Vertrauens vorlegen wollen. Dritteln Sie das Vorhaben, wenn es umfangreich ist. Wenn Sie es schaffen, bekommen Sie ein Drittel Ihres Geldes zurück. Wenn nicht, überweist Ihr Vertrauter vor Ihren Augen das Geld an eine Organisation, die Ihnen verhasst ist und deren Ziele Sie verabscheuen."

Letzteres verhindert, dass man sich das Deadlineversagen heimlich mit dem Argument schönredet, wenigstens profitierten "Amnesty International" oder "Ärzte ohne Grenzen" von der eigenen Unfähigkeit. So schön das zunächst klingt, deutet in der Fachliteratur leider einiges darauf hin, dass von dem Verfahren in erster Linie die verhassten Organisationen profitieren werden: Im Experiment wie in der Praxis haben sich finanzielle Anreize bisher als nicht sehr erfolgreich erwiesen.*

Wer es trotzdem ausprobieren möchte, hat bei stickK die Wahl zwischen Wohltätigkeitsorganisationen einerseits und "Anti-Charities" wie der NRA andererseits. Dort kann man auch die Vorsätze anderer stickK-Nutzer ( "stop looking at porn", "no more dessert") nachlesen. Ob diese Pläne zum von stickK beworbenen Ziel ("achieve your dreams and live a life you love") führen, je nun, man steckt ja nicht drin. Falls ich mich dort anmelde, dann jedenfalls mit dem guten Vorsatz, mehr Pornos anzusehen und dabei reichlich Nachtisch zu essen.

* Nachtrag: Ich sehe gerade in unserem eigenen Buch, dass es da auf S. 202 heißt, finanzielle Anreize könnten helfen, die Erschöpfung der Selbstregulationsfähigkeit hinauszuzögern. Sobald ich noch mal in die Quellen gesehen habe, hier mehr zur Frage: Geld als Motivation, wann hilft es, wann hilft es nicht?

20.10.2008 | 11:48 | Korrekturen und Ergänzungen

Weltverbesserungsforderungen 21-24

Im Buch auf S.189 einzulegen.

21. Vertragskündigung sollte nicht komplizierter sein dürfen als Vertragsabschluss: Ist der Abschluss online mit zwei Klicks ohne Unterschrift möglich, darf die Kündigung auch nicht mehr als zwei Klicks (und vor allem kein Fax) erfordern.

22. Weg mit dem Rotgeld. Ich zitiere aus einem alten Riesenmaschinebeitrag: "Im fortschrittlichen Finnland wurde das unnütze Rotgeld gar nicht erst eingeführt, aber anderswo hat jeder Bürger wenige Jahre nach der Euroumstellung schon wieder geschätzte drei Schuhkartons mit Münzen zu Hause herumstehen. Die Bundesbank bezeichnet dieses Horten aus Mangel an Loswerdemöglichkeiten als Zwangssparen, und der dadurch aus dem Verkehr gezogene Kleingeldberg fehlt dem Staat so schmerzlich, dass 2004 bereits Kleingeld aus Österreich importiert werden musste." Übergangsweise könnte man wenigstens die Pfennigparade wieder einführen: Kinder, die von Tür zu Tür gehen und die Marmeladengläser mit dem Rotgeld für gute Zwecke leeren. Aber nicht vor zwölf Uhr!

23. Elektronische Rechnungen sollen auch ohne Unterschrift gültig sein. In Deutschland müssen Rechnungen "in Schriftform vorliegen" oder elektronisch signiert sein. Wilko Steinhagen schreibt in der Financial Times vom 17.10.: "Doch die Erstellung der Signaturen ist kompliziert. Unternehmen können sie nur mithilfe eines eigenen Signaturservers erstellen, der Prüfcodes online mit staatlich anerkannten Trust-Centern austauscht. Schon die Pflege eines solchen Servers ist für die IT-Abteilung nicht einfach. Jede Rechnung, die ein Unternehmen versehen mit einer Signatur zugesendet bekommt, muss außerdem durch technische Verfahren noch einmal verifiziert werden." Demselben Artikel kann man entnehmen, dass es in Großbritannien überhaupt kein Problem ist, Rechnungen als einfaches PDF zu schicken. Also bitte, Staat.

24. Bedingungsloses Grundeinkommen. Sascha wollte den Punkt sowieso ins Buch schreiben, ich war damals noch dagegen, weil Prokrastinierer jedes Fitzelchen Motivation brauchen, das sie kriegen können, und dazu gehört eben auch eine gemäßigte Existenznot. Nach der Lektüre von Christian Rickens' bildendem Buch "Links! Comeback eines Lebensgefühls" bin ich jetzt aber doch für das Grundeinkommen, und zwar schon allein aus Gründen der Bürokratievereinfachung.

20.10.2008 | 10:58 | Tipps und Tools

Weltvereinfachung: Handyporto

Im Buch heißt es: "Niemals Sonderangebote oder Großpackungen kaufen, die mehr als das enthalten, was man gerade braucht, ganz egal, wie viel billiger sie sind. Jedem LOBO stehen drei individuelle Ausnahmen von dieser Regel zu, die seine schlimmsten Probleme lindern, unsere Empfehlung wären Glühbirnen, Briefmarken und Mülltüten."

Für die nächste Überarbeitung wird man sich einen Ersatz für den Briefmarken-Vorschlag ausdenken müssen, denn inzwischen hat die Post das Handyporto eingeführt: SMS mit "Karte" oder "Brief" an die 22122 schicken, zurück kommt eine SMS mit einer zwölfstelligen Nummer drin, die oben rechts auf den Brief oder die Karte geschrieben wird (3 Zeilen à 4 Zahlen), fertig. Natürlich ist das Verfahren etwa doppelt so teuer wie normale Briefmarken, aber dieser Nachteil wird durch die eingesparte Briefmarken-Suchzeit wieder ausgeglichen. Schön wäre, wenn man neben "Brief" und "Karte" auch noch "Blindensendung (Nachnahme eigenhändig) international" und andere Portoprobleme auf dieselbe Art lösen könnte, aber wir wollen mal nicht undankbar sein. Für alle außer den Briefmarkensammlern ist die Welt gerade ein bisschen besser geworden.

Ergänzung: Fabian Pittroff weist mich darauf hin, dass das Handyporto leider derzeit nur mit T-Mobile, Vodafone und E-Plus funktioniert.

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