11.10.2008 | 18:04 | Berichte und Beispiele
Dieses Zitat unserer Co-Lektorin Angela Leinen hat es leider nicht mehr ins Buch geschafft:
"Ich bin die webweit bekannte Erfinderin des 'Tur Tur'-Effektes: Die Arbeit ist ein Scheinriese, die immer kleiner wird, je näher man rangeht. Hilft in der Praxis leider immer erst hinterher: Wenn ich die Arbeit dann doch gemacht habe, natürlich zwischen 23 Uhr und 23.59 Uhr (Umschalten des Nachtbriefkastens am Gericht), war sie auf einmal ganz easy und in einem Zug zu erledigen. 'Aus Erfahrung lernen' oder 'Schaden macht klug' wird überbewertet. Ich gehe der Arbeit immer so lang aus dem Weg, bis sie kurz vorm Explodieren ist. Manchmal explodiert sie wirklich, dann brauche ich nur noch den Staub wegzufegen – führt dazu, dass ich nichts mehr dran verdiene, aber wenigstens ist der Druck weg.
Natürlich hat dieses ängstliche Liegenlassen einen guten Grund: Die Sachen arbeiten sich ganz unbemerkt in irgendeiner wenig störenden Region des Gehirns von alleine und machen sich höchstens in Kopfschmerz und schlechtem Gewissen bemerkbar. Mit Kopfschmerz und schlechtem Gewissen kann man aber noch gut schönere Sachen erledigen, zum Beispiel das Geld, das man später verdienen wird, schon mal ausgeben. Wenn dann der Nachtbriefkasten-Zeitpunkt gekommen ist, leert sich der kleine Arbeitsspeicher auf einmal von selbst aus, das Ergebnis ist immer besser, als wenn ich den Kram unter Qualen sofort gemacht hätte. Das weiß ich, ohne es je ausprobiert zu haben.
Meine Anwaltstätigkeit führe ich aber immerhin nach dem Grundsatz: Nie eine Frist verlängern lassen. Oder doch nur, wenn es gar nicht anders geht. Oder wenigstens nur einmal verlängern lassen.
Die meisten Probleme lösen sich ohnehin durch Abwarten. Oder doch alle. Das heißt dann Tod."