13.01.2010 | 20:47 | Korrekturen und Ergänzungen

"Mit Leib und Seele" VI

"Und dann ist da noch ein letzter Hemmschuh für das Weggeben von Hausarbeit: der Preis. Hausarbeit von jemand anderem erledigen zu lassen, bedeutet natürlich höhere Ausgaben. Die finanzielle Frage ist also durchaus relevant. Es ist jedoch selten, dass wirklich Kosten und Nutzen gegeneinander aufgerechnet werden. Viel eher kommt das finanzielle Argument ins Spiel, um einer bereits getroffenen ablehnenden Entscheidung mehr Nachdruck zu verleihen.
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Die Ausgabe wird also viel stärker zur aktuellen Organisation in Beziehung gesetzt als zu den Vorteilen, die dadurch entstehen könnten (beispielsweise mehr Zeit für sich selbst zu haben oder beruflich mehr zu arbeiten und deshalb mehr zu verdienen). Es wird immer nur in die eine Richtung gerechnet: man hätte mehr auszugeben.
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Innerhalb der Paarbeziehung kommt das finanzielle Argument auf eine ganz spezielle Weise zum Einsatz. Nach dem klassischen Schema bietet die Frau ihre Schönheit, ihre beziehungsmäßige und emotionale Kompetenz und ihre Hausarbeit im Austausch gegen die Stärke, die gesellschaftliche Position und das Einkommen des Mannes an (de Singly, 1987). Dies erklärt, warum sie sich tendenziell dagegen wehrt, Hausarbeit wegzugeben. Denn dies würde ihren eigenen Einsatz in Sachen Hausarbeit reduzieren und außerdem eine größere finanzielle Ausgabe für den Haushalt bedeuten, was die Austauschbeziehung aus dem Gleichgewicht brächte. Sie müsste dies dann durch andere Werte ausgleichen, von denen sie nicht so recht weiß, welche das sein könnten, und von denen sie annimmt, dass sie teurer kämen als die Hausarbeit. Nur sehr selten kommt es vor, dass die Positionen umgekehrt sind, dass der Mann also weniger Geld nach Hause bringt als die Frau und dies durch einen anderen Beitrag, insbesondere Hausarbeit, kompensiert. Bei David ist das so, doch auch hier bestätigt sich das Gleichgewichtsprinzipg: Derjenige, der lieber Hausarbeit als Geld beisteuert, neigt eher zur Sparsamkeit, wenn es um die Delegation von Hausarbeit geht."


(Jean-Claude Kaufmann: "Mit Leib und Seele – Theorie der Haushaltstätigkeit", S. 125-127)