02.10.2008 | 13:23 | Berichte und Beispiele

Prokrastination im Autorenberuf

Annette Anton hat in diversen Verlagen und als Sachbuchagentin gearbeitet und ist heute Programmleiterin beim Campus Verlag. Bei Holm Friebes und Thomas Ramges Buchpremiere ("Marke Eigenbau – Der Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion", Campus Verlag) ging es in ihrer einleitenden Rede unter anderem darum, dass man sich beim Verlag ja freue und geradezu überrascht sei, wenn man dann doch ab und zu mal ein fertiges Buch in den Händen halte. Nach der Veranstaltung war sie so nett, mir das noch mal genauer auseinanderzusetzen:

AA: "Es ist ja so, dass die Mehrheit der Buchideen, die einem angeboten wird, nie den Weg zum fertigen Buch findet. Der Normalfall ist eher, dass der Autor nicht schreibt, verspätet schreibt, das Falsche schreibt, ewig aus seiner Schreibblockade nicht herausfindet, ganz am Ende etwas schreibt und das dann viel zu spät abgibt. Das ist eigentlich der Normalfall, mit dem man aber im Verlag auch umgehen kann. Man baut schon immer die Verzögerung mit ein, aber auch nicht allzu viel."
KP: "Kannst du das ein bisschen quantifizieren?"
AA: "Von unverlangten Einsendungen jetzt mal abgesehen: Unter den Autoren, die man schon unter Vertrag hat, gibt es doch auch erstaunlich viele pünktliche. Ich würde mal sagen, zwanzig Prozent geben pünktlich ab, zehn Prozent geben gar nie irgendetwas ab, und der Rest bewegt sich irgendwo dazwischen."
KP: "Wenn du mit einem Autor noch nie ein Buch gemacht hast: Kannst du vorher an irgendwas erkennen, ob er eher pünktlich, verspätet oder gar nicht abgeben wird?"
AA: "Überhaupt nicht. Ich finde, man kann das eigentlich weder dem Autor in seinem Typ oder Wesen anmerken, noch kann man nach den ersten Erfahrungen gehen. Manchmal geben Leute sehr schnell ein Probekapitel ab, schreiben dann aber doch nie das Buch. Oft gibt es Leute, die schreiben perfekte Exposés, haben dann aber sehr große Schwierigkeiten mit der Langform. Man wird da immer wieder überrascht – negativ, aber auch positiv."
KP: "Unser Verleger Gunnar Schmidt sagt, er hat den Eindruck, dass ältere Autoren pünktlichere, zuverlässigere Abgeber sind."
AA: "Kann ich so nicht sagen. Ich hatte auch schon ältere und auch sehr erfahrene Autoren, die gar nicht abgegeben haben oder gleich von vornherein gesagt haben: 'Was im Vertrag steht, sind doch nur ungefähre Richtwerte', und dann zwei Jahre später abgegeben haben. Das gibt's, glaube ich, querbeet."

Vielen Dank, Annette Anton!