26.09.2008 | 08:46 | Prokrastinations-Beratung
Ines G. schreibt uns:
Liebe Dr.s Passig und Lobo,
eigentlich müsste ich seit zwei Woche drei Leuten aus dem eigenen Unternehmen hinterher telefonieren, die für mich Motive für wichtige Fotoaufnahmen recherchieren sollten (kann ich nicht selbst, ich brauche deren Fachwissen). Langsam wird es brenzlig, denn ich trete bald eine Urlaubsreise an; vorher muss ich dem Fotografen noch mitgeteilt haben, wen er auf welchem Kontinent wo und wie fotografieren soll.
Statt diese unangenehmen Telefonate zu führen, brüte ich zwar tolle Ideen aus, mit denen ich mich und meinen Chef beeindrucke. Aber je weniger Zeit mir bleibt, umso grauenhafter wird die Vorstellung, dass ich diese Menschen anrufe. Wenn ich nicht schnell in die Pötte komme, scheitert dadurch ein ein wichtiges Großprojekt.
Was raten Sie?
Diese Mail erreichte uns am 13.9., und aus unserer zügigen Reaktion kann man zweierlei lernen: Erstens sind wir wahrscheinlich doch gar keine guten Prokrastinationsberater. Zweitens lösen andere Menschen ihre Probleme oft selbst, wenn man nicht sofort reagiert; ein Phänomen, das jeder Techniksupportmitarbeiter kennt. Schon eine Telefonwarteschleife kann genügen, im Wartenden allerhand Denkprozesse ("ist der Stecker eigentlich eingesteckt?") auszulösen. Falls die Anfrage aber immer noch aktuell sein sollte, würden wir dazu raten, jemand anderen per Tauschgeschäft mit den eigentlichen Anrufen zu beauftragen.
Für unangenehme Vermittlungen per Telefon gibt es aber auch einen hervorragenden Workaround – die Kurzschaltung der betreffenden Personen per Mail. Menschen, die beruflich Fotomotive recherchieren können und Fotografen sollten in der Lage sein, aus ein paar dürren Briefingzeilen (die vermutlich längst geschrieben sind) und den jeweiligen Telefonnummern ein anständiges Bild zu zaubern. Dieses Verfahren des sich aus der Schusslinie Mailens ist intensiv agenturerprobt.
Abgesehen davon scheitern wichtige Großprojekte oft viel später, als man so denkt.
Kathrin Passig, Sascha Lobo | Dauerhafter Link | Kommentare (4)
Kommentar #1 von matze:
zwei wochen gebraucht für die antwort, das geht doch. manchmal liegen mails länger rum. nicht nur bei mir...
26.09.2008 / 09:59
Kommentar #2 von bby:
In einer mir bekannten großen Versicherung auch: "Erledigung durch Zeitablauf" genannt
26.09.2008 / 10:39
Kommentar #3 von Unwichtig:
Ich wollte nur sagen, ein tolles Blog habt ihr hier. Nachdem ich nun seit einigen Wochen immer wieder herkomme und lese, bin ich jetzt auch endlich mal dazu gekommen, den Feed zu abonnieren. Super Sache das.
26.09.2008 / 21:47
Kommentar #4 von tomorrow, tomorrow and tomorrow:
Ich hab jetzt einen Aussendienstmitarbeiter für die Erledigung meiner nichtbezahlten Rechnungen abonniert.Der kommt mit all den Unterlagen, die in meinen ungeöffneten und liegengebliebenen Briefen stecken, kassiert nur das, was ich mir zur Zeit leisten will und macht den Gläubigern klar, dass bei mir bis 2023 vorerst nichts zu holen sein wird. Der Haken: die Tür muss ich ihm noch selbst öffnen; aber er hat mir schon angeboten, sich auch in meiner Abwesenheit per Amtshilfe Zugang zu meiner Wohnung zu verschaffen...
27.09.2008 / 13:28